Bloße Veräußerung des Patientenstammes einer Arztpraxis

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RA Dr. Klaus Lieb, FA für Medizinrecht, FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

Ein niedergelassener Zahnarzt in Regensburg veräußerte den Patientenstamm seiner privat- und vertragszahnärztlichen Praxis an einen ebenfalls in Regensburg niedergelassenen Zahnarzt. Die künftige Versorgung der Patienten sollte durch letzteren erfolgen. Zu diesem Zweck vereinbarten die Parteien u. a. die Umleitung der Anrufe auf den Telefonanschluss. Mit vollständiger Zahlung des Kaufpreises sollte die Patientenkartei mit sämtlichen Krankenunterlagen in das Eigentum und den Besitz des Erwerbers übergehen. Zwecks Überleitung der Patienten verpflichtete sich der Veräußerer, die Patienten über die Beendigung seiner Tätigkeit als Zahnarzt und deren Übernahme durch den Erwerber zu informieren sowie den Patienten darin die Fortsetzung der Behandlung durch den Erwerber zu empfehlen und sie zu bitten, diesem zukünftig ihr Vertrauen zu schenken.

Die Vorgerichte nahmen an, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag über den Patientenstamm gemäß § 134 BGB nichtig sei. Der Bundesgerichtshof bestätigte in seinem Beschluss vom 09.11.2021 – VIII ZR 362/19 –, dass die vereinbarte Veräußerung des Patientenstammes eindeutig gegen berufsrechtliche Standesvorschriften, hier § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte in der ab dem 01.03.2014 geltenden Fassung, verstoße. Nach dieser Vorschrift ist es einem Zahnarzt nicht gestattet, sich für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen zu lassen oder ein solches zu versprechen.

 

Praxishinweis:
In dem vorliegenden Fall waren die im Zusammenhang mit den Strafvorschriften der §§ 289a, 299b StGB zu stellenden Rechtsfragen ebenso wenig entscheidungserheblich, wie etwa der Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen.  Auch diese Aspekte dürfen bei dem Verkauf einer Arztpraxis nicht aus dem Auge verloren werden.

Gleiches gilt für die vertragsärztliche Regelungen, soweit für die betreffende Arztgruppe Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Im letzteren Fall kann eine Ausschreibung und Nachbesetzung nur solange erfolgen, als ein Praxissubstrat vorhanden ist. Ein bloß noch virtuell vorhandener Vertragsarztsitz kann nicht ausgeschrieben werden, eine Anknüpfung an die gemeinsame ausgeübte Tätigkeit muss noch möglich sein. Dies setzt den Mitbesitz von Praxisräumen, die Ankündigung von Sprechzeiten, die tatsächliche Entfaltung einer ärztlichen Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen sowie das Bestehen der für die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Fachgebiet erforderlichen Praxisstruktur voraus.

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