BGH entscheidet über Mitgliedsbeiträge für geschlossene Fitnessstudios

von Joachim Borger | Lieb.Rechtsanwälte

Im bisherigen Verlauf der Corona-Pandemie mussten viele Geschäfte vorübergehend schließen. Das betrifft auch Fitnessstudios, die wochenlang niemanden vor Ort trainieren lassen durften. Der BGH hatte nun über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Fitnessstudio trotz der Zwangsschließung monatliche Mitgliedsbeiträge per Lastschriftverfahren abbuchte. Der klagende Kunde bemerkte dies erst im Nachhinein und verlangte Rückzahlung für den Zeitraum, in dem er keinen Zugang zu den Angeboten des Fitnessstudios hatte. Das Fitnessstudio verweigerte die Zahlung und vertrat den Standpunkt, dass der befristete Vertrag um die Dauer der Zwangsschließung verlängert wird, sodass der Kunde in Summe genau so lange trainieren kann, wie die (Mindest-) Vertragslaufzeit regulär vorgesehen hatte.

Der BGH hat dem Versuch des Betreibers des Fitnessstudios, die Vertragslaufzeit zu verlängern und so wenigstens den bei Vertragsschluss kalkulierten Umsatz zu erhalten, mit Urteil vom 04.05.2022, Az. XII ZR 64/21, eine klare Absage erteilt.

Eine solche Vertragsverlängerung käme allenfalls unter dem Gesichtspunkt der „Störung der Geschäftsgrundlage“ nach Maßgabe von § 313 BGB in Betracht. Die Grundsätze des § 313 BGB können jedoch hier keine Anwendung finden, da die vertraglich geschuldete Leistung des Betreibers des Fitnessstudios infolge der Zwangsschließung schlicht und einfach unmöglich zu erbringen war. Daher gelten die Regelungen des §§ 275, 326 BGB als speziellere Regelungen vorrangig. Demnach gilt der Grundsatz, dass für die Zeit der Unmöglichkeit der Leistung (Zugänglichkeit zum Fitnessstudio) auch die Pflicht zur Gegenleistung (Zahlung von Mitgliedsbeitrag) entfällt, ohne dass sonst Änderungen an dem Vertragsverhältnis, insbesondere an dessen Laufzeit, eintreten.

Das ist keine große Überraschung. Der Gesetzgeber hatte hier anlässlich der Corona-Pandemie eine vorübergehende Sonderregelung in Art. 240 EGBGB für Fälle wie den hier vorliegenden erlassen, die die Grundsätze der Unmöglichkeit der Leistung lediglich leicht modifiziert, indem der Anspruch des Kunden auf Rückerstattung unberechtigt abgebuchter Mitgliedsbeiträge im Wege einer „Gutscheinlösung“ bis zum Ende des Jahres 2021 faktisch gestundet wird. Dennoch schien sich die Einsicht der Fitnessstudiobetreiber nach hiesigem – nicht repräsentativen – Eindruck nicht überall durchzusetzen. Vermutlich war es bislang lukrativ, als Betreiber solcher Einrichtungen auf eine faktische Verlängerung der Vertragslaufzeit zu bestehen, obwohl dafür keine Rechtsgrundlage besteht, da sich zu wenige Betroffene dagegen wehren.

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