Arztrecht: Dokumentation der Behandlung

von Lieb Rechtsanwälte

Die Dokumentation der Behandlung gehört zu den wesentlichen Aufgaben des behandelnden Arztes. Nachfolgend werden die Anforderungen und folgen einer Pflichtverletzung beschrieben.

1. Berufsrecht

Nach § 10 Abs. 1 der Musterberufsordnung haben Ärztinnen und Ärzte über die in Ausübung ihres Berufs gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Die ärztliche Dokumentation dient nicht lediglich als Gedächtnisstütze für den Arzt, sondern erfolgt auch im Patienteninteresse.

Die berufsrechtliche Dokumentationspflicht erfasst u. a. Anamnese, Beschwerden unter Einschluss von Verdachtsdiagnosen, Behandlung mit Medikation, Ergebnisse der Behandlung, Art der Nachbehandlung, Operationsberichte, Anästhesieprotokolle, Einsatz besonderer Behandlungsarten, Zwischenfälle, Röntgen- und Sonographieaufnahmen, EKG und CTG-Streifen, Laborbefunde, Warnhinweise an den Patienten, Überweisungsempfehlungen, Wiedereinbestellung, etc.

Genügt die Dokumentation nicht den Anforderungen nach Maßgabe der Berufsordnung, drohen dem Arzt disziplinarrechtliche Maßnahmen, auch wenn hiervon in der Praxis selten Gebrauch gemacht wird.

2. Behandlungsvertrag

Durch das Patientenrechtegesetz (PatientenRG) vom 20.02.2013 wird der Behandlungsvertrag mit dem Patienten legal definiert. Nach § 630f BGB ist der behandelnde Arzt verpflichtet, zum Zwecke der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. In der Patientenakte sind sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen.

Aus einer unterlassenen, unvollständigen, unrichtigen oder nicht zeitnahen Dokumentation ergibt sich für den Patienten kein eigenständiger Schadensersatzanspruch, sondern nur eine Beweiserleichterung gemäß § 630h III BGB, wonach vermutet wird, dass eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme nicht getroffen wurde, sofern sie in der Patientenakte nicht aufgezeichnet ist.

3. Vertragsarztrecht

Der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt ist nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihm erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden aufzuzeichnen und zu übermitteln. Im Zuge der Abrechnungsprüfung nah § 106a SGB V ist der Vertragsarzt nach § 295 Abs. 1a SGB V verpflichtet und befugt, auf Verlangen der Kassenärztlichen Vereinigung die für die Prüfung erforderlichen Befunde vorzulegen.

Darüber hinaus enthält der Bundesmantelvertrag seit dem 01.10.2013 die Verpflichtung, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den bei ihr errichteten Gremien und den Prüfungseinrichtungen die für die Erfüllung ihrer Aufgabe im Einzelfall notwendigen Auskünfte zu erteilen, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen vorzulegen.

Die Vollständigkeit der Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. Sie ist gegeben, wenn die obligaten Leistungsinhalte erbracht wurden, die in den Präambeln, Leistungslegenden und Anmerkungen aufgeführten Dokumentationspflichten erfüllt sowie die erbrachten Leistungen dokumentiert sind.

Wird die Leistungserbringung im Rahmen der Abrechnungsprüfung angezweifelt, hat der Vertragsarzt seiner Nachweispflicht jedenfalls im Widerspruchsverfahren nachzukommen. In einem etwaig sich anschließenden Klageverfahren kann der Sachvortrag weder nachgereicht noch ergänzt werden. Wir verweisen hierzu auf unseren Beitrag vom 15.07.2013.

4. Praxishinweis

Eine vollständige und sorgfältige Dokumentation hat nicht nur für die Frage der Arzthaftung, sondern auch für die Abrechnungsprüfung einen sehr hohen Stellenwert.

 

(Quelle: ZMGR 6/2014)

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