Arzthaftungsrecht: Fehlende Sicherungsaufklärung

von Lieb Rechtsanwälte

Das Oberlandesgericht Köln sprach mit Urteil vom 06.08.2014 einem an Krebs erkrankten Patienten wegen unterlassener Sicherungsaufklärung ein Schmerzensgeld von € 150.000,00 sowie Ersatz von Behandlungskosten zu.

 

In dem Streitfall befand sich der Patient seit mehreren Jahren in der ärztlichen Betreuung eines niedergelassenen Internisten und Allgemeinmediziners. 2009 ließ er eine allgemeine Gesundheitsüberprüfung durchführen, welche auch eine Krebsvorsorge umfassen sollte. Der Arzt nahm zahlreiche Untersuchungen vor, welche ohne relevanten Befund blieben. Eine Koloskopie unterblieb. Im Rahmen der familiären Anamnese hatte der Arzt notiert, dass die Mutter des Patienten an Darmkrebs erkrankt und daran verstorben sei. Ob im Hinblick auf ein Darmkrebsrisiko über weiterführende Untersuchungsmöglichkeiten gesprochen wurde, war zwischen den Parteien unstreitig. Ein Jahr später unterzog sich der Patient auf eigene Initiative einer Koloskopie. Hierbei wurde ein Adenokarzinom diagnostiziert und stationär entfernt. Weil fünf Lymphknoten befallen waren, erfolgte eine Chemotherapie. Wegen aufgetretener Metastasen erfolgten weitere stationäre Aufenthalte zur Unterlappenteilresektion der Lunge und Leber sowie zur Entfernung der Galle.

 

Das Oberlandesgericht bestätigte den vom Landgericht festgestellten groben Behandlungsfehler. Es gehöre zu den Behandlungspflichten eines Arztes, einem Patienten die notwendigen therapeutischen Sicherheitshinweise zu erteilen. Dazu zählten die zur Sicherstellung eines Behandlungserfolgs notwendigen Schutz- und Warnhinweise, aber auch die Hinweise, die zur Vermeidung möglicher Selbstgefährdung dienen. Im Falle einer vom Patienten gewünschten Vorsorgeuntersuchung gehöre es zu den ärztlichen Pflichten, auch auf solche Maßnahmen hinzuweisen, die der Arzt selbst nicht durchführen könne oder wolle, die aber zur Sicherstellung des Erfolges der Vorsorgeuntersuchung vom ärztlichen Standard aus als empfehlenswert oder gar als notwendig angesehen werden. Im Falle des Klägers habe es fachärztlichem Standard entsprochen, auf die Möglichkeit der Koloskopie zur Abklärung eines bei dem Patienten deutlich erhöhten Krebsrisikos hinzuweisen.

 

Praxishinweis:

Der Internist verteidigte sich damit, auf die Möglichkeit der Koloskopie hingewiesen zu haben. Dokumentiert war dies nicht. Vorinstanz und Oberlandesgericht unterstellten deshalb, dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht stattgefunden habe.

 

Das hohe Schmerzensgeld berücksichtigt den Erkrankungsverlauf.

 

Quelle: AMK 11/2014, S. 13

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