Arzneimittelwerbung Teil II

von Lieb Rechtsanwälte

Internetversandhandel mit Arzneimitteln

Der BGH hat in seinem Urteil vom 20.12.2007 – I ZR 205/04 (KG) klargestellt, dass im Rahmen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr., 1 a Alt. 1 AMG nicht allein die in Deutschland oder in dem anderen Mitgliedstaat jeweils gegebene Gesetzeslage miteinander zu vergleichen ist, sondern die jeweilige Rechtslage im Blick auf die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards.

Der Umstand, dass das niederländische Recht den Versandhandel mit Arzneimitteln nicht von der Führung einer Präsenzapotheke abhängig macht, kann einem Versandhandelsunternehmen, das in den Niederlanden eine Präsenzapotheke nach den dort geltenden Bestimmungen betreibt, nicht entgegen gehalten werden.

Die Veröffentlichung einer Übersicht zum Versandhandel mit Arzneimitteln nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG bindet die Gerichte insoweit, als sie Feststellungen dazu enthält, dass in bestimmten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.

Geklagt hatte der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., dem u.a. Unternehmen zur Erzeugung und Vertreibung von pharmazeutischen Produkten angehören. Auf der Beklagtenseite stand ein niederländischer Apotheker, Inhaber der Internetadresse „0800Doc.Morris.com“, über die der Kunde sich u.a. über Arzneimittel informieren, Fragen an Pharmazeuten stellen und Arzneimittel bestellen kann. Das Angebot ist auch in deutscher Sprache abrufbar. Die Zulassung der angebotenen Arzneimittel richtet sich nach niederländischen Recht, hinsichtlich der Verschreibungspflicht wird bei unterschiedlichen Regelungen die jeweils strengere Bestimmung zugrunde gelegt. Der Verband hatte die Ansicht vertreten, dass die Internetaktivitäten einen Arzneimittelversandhandel darstellen und gegen § 43 Abs. 1 AMG a. F., sowie gegen das Werbeverbot nach § 8 Abs. 1 HWG a. F. verstoßen und wettbewerbswidrig iSv § 1 UWG a. F. wäre. Der Rechtsstreit ging bis zum BGH.

Der Versandhandel mit Arzneimitteln ist, was aus Sicht des BGH zu berücksichtigen war, seit dem 01.01.2004 grundsätzlich nicht mehr verboten, bedarf aber einer besonderen Erlaubnis. § 73 Abs. 1 Nr. 1 a AMG ist auch dann zu beachten, wenn der Arzneimittelversand an einen Endverbraucher von einer Apotheke eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union erfolgt.

Das Arzneimittel muss entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel bzw. elektronischen Handel versandt werden und die Apotheke nach dem deutschen Apothekengesetz oder ihrem nationalen Recht (sofern dieses dem deutschen Apothekenrecht bezüglich der Versandhandelsvorschriften entspricht) zum Versandhandel befugt sein. Gewährleistet wird hierdurch, dass der Arzneimittelhandel aus dem EU-Ausland nicht das deutsche Schutzniveau unterschreitet. Nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG veröffentlicht das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über diejenigen Mitgliedstaaten, in denen für den Versandhandel und elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht entsprechende Sicherheitsstandards bestehen.

Auch wenn das niederländische Recht, womit die Vorinstanz argumentierte, den Versandhandel nicht von der Führung einer Präsenzapotheke abhängig macht, kann dies keinem Versandunternehmen entgegen gehalten werden, das tatsächlich eine Präsenzapotheke führt. Das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung geht in seiner Bekanntmachung nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG in einem solchen Fall davon aus, dass vergleichbare Sicherheitsstandards angenommen werden können.

Nach der seit dem 01.01.2004 geltenden Bestimmung des § 1 Abs. 6 HWG findet das Heilmittelwerbegesetz beim elektronischen Handel mit Arzneimitteln keine Anwendung auf das Bestellformular die auf ihm angeführten Angaben, soweit diese für eine ordnungsgemäße Bestellung erforderlich sind.

Der BGH hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

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