AOK-Arzneirabattverträge
von Lieb Rechtsanwälte
Das OLG Karlsruhe hat am 19.11.2007 in einem Hinweis-Beschluss im Streit um die Zulässigkeit der Ausschreibungspraxis der AOK bei Arzneirabattverträgen eine neue Wende eingeleitet, indem es klargestellt hat, dass für Vergabekammern grundsätzlich keine Zuständigkeit besteht, sondern Rechtsfragen zu Arzneimittelrabatten ausschließlich vor den Sozialgerichten zu klären sind. Von der AOK wird der OLG-Beschluss als richtungweisender Meilenstein in der Auseinandersetzung um die Rabattverträge gesehen. Die AOK soll bereits ein Eilverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart angestrengt haben, um schnell Klarheit zu erreichen, dass alle Verträge auch pünktlich zum 01.01.2008 in Kraft treten können und „Einsparpotenziale für Versicherte und Zuzahlungsbefreiung für Patienten umfassend realisiert werden können."
Verschiedene Hersteller hatten bei der Düsseldorfer Vergabekammer Beschwerde gegen das Ausschreibungsverfahren der AOK im Arzneimittelbereich eingelegt, die hierauf am 5. November das Ausschreibungsverfahren für 40 Wirkstoffe stoppte. Der AOK wurde ein „Verstoß gegen das Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot“ vorgeworfen. In der Begründung des Beschlusses heißt es: „Die Verwendung von Auswahlkriterien, die den Bietern geheim bleiben, ist dem Vergaberecht fremd und unter keinem Gesichtspunkt vertretbar.“ Eine Woche später zog die Vergabekammer des Bundeskartellamtes nach und erklärte die Ausschreibungen der AOK-Rabattverträge für nichtig. Beide Kammern stuften die AOK als öffentlichen Auftraggeber ein, was bedeutet hätte, dass die Ausschreibungen europaweit und die Vergabekonditionen sowie die Entscheidungsgründe transparenter gemacht werden müssen.
Die AOK ist der Auffassung, dass es sich bei Rabattverträgen nicht um öffentliche Auftragsverfahren handelt und daher nicht dem Vergaberecht unterliegen, weshalb eine europaweite Ausschreibung nicht angezeigt ist. Die Vergabekammern seien zu einem Verbot der Rabattverträge nicht befugt. Allein die Sozialgerichte hätten zu entscheiden haben, da die Krankenkassen dem Sozialrecht unterliegen. Das OLG Karlsruhe hat die Zuständigkeit der Sozialgerichte bestätigt. Die Zuständigkeitsfrage ist damit vorerst vom Tisch. Eine Entscheidung zur Zulässigkeit des Ausschreibungsverfahrens steht noch aus. Es bleibt damit abzuwarten, ob die bereits geschlossenen Arzneimittel-Rabattverträge pünktlich am 1. Januar 2008 in Kraft treten können.
Die AOK hatte zur Jahresmitte Arzneimittel-Rabattverträge für 83 Wirkstoffe ausgeschrieben und konnte bisher für insgesamt 17 Wirkstoffe mit einem Gesamteinsparpotenzial von rund 160 Millionen Euro Verträge für die Jahre 2008 und 2009 abschließen.
Quelle: www.aerzteblatt.de (Pressemitteilungen 24.10., 09.11., 16.11., 19.11. u. 21.11.2007)