Anspruch auf Opferentschädigung nach Schönheitsoperation

von Lieb Rechtsanwälte

Wird im Vorfeld einer Schönheitsoperation die Zustimmung des Patienten durch bewusst falsche Aufklärung erschlichen, stellt der Eingriff eine vorsätzliche, rechtswidrige gefährliche Körperverletzung dar. Der Patient hat in seinem solchen Fall Anspruch auf Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG), wie das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in einem inzwischen rechtskräftig gewordenen Urteil (Az.: L 10 VG 6/07) festgestellt hat.

Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in welchem es bei einer Patientin im Anschluss an zwei kosmetische Operationen zu erheblichen Komplikationen gekommen war. Der Arzt war zuvor von der Klägerin auf bei ihr vorhandene Vorerkrankungen aufmerksam gemacht worden. Der Arzt verschwieg, dass wegen Operationen aufgrund dieser Vorerkrankungen ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellten. Er befürchtete, dass die Patientin sich dann nicht von ihm operieren lässt. Das Schweigen erfolgte somit aus rein finanziellen Motiven. Der Arzt wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Aachen wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Die Klägerin stellte anschließend einen Antrag nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG). Nach diesem Gesetz können Personen, die Opfer von Gewalttaten geworden sind, einen Anspruch auf Entschädigung gegen den Staat geltend machen. Nach diesem Gesetz soll der Staat dafür einstehen, wenn er trotz des von ihm in Anspruch genommenen Gewaltmonopols seine Bürger nicht hinreichend im Einzelfall vor Gewalttaten geschützt hat.

Der Antrag der Klägerin wurde von dem beklagten Land mit der Begründung abgelehnt, es habe sich hier lediglich um einen mehrfachen Kunstfehler gehandelt, dem zum einen die für einen Anspruch nach OEG erforderliche feindselige Willensrichtung fehle. Zum anderen sei der Schutz vor Kunstfehlern nicht vom Sinn und Zweck des Gesetzes erfasst.

Dieser Auffassung erteilten das Sozialgericht Aachen und anschließend das Landessozialgericht NRW eine Absage. In beiden Instanzen wurde ausdrücklich festgestellt, dass das Verhalten des Arztes, durch eine unzureichende Aufklärung der Patientin die rechtsunwirksame Einwilligung in die Operationen zu erlangen, eine gravierende Missachtung der Persönlichkeitsrechte der Klägerin darstelle. Die Klägerin wurde vom Arzt bewusst daran gehindert, sich in ihrer persönlichen Integrität zu schützen. Hieraus folgt objektiv die nach dem OEG erforderliche feindselige Tendenz der Körperverletzung. Die einschränkende Auffassung, ärztliche Kunstfehler seien nicht vom Schutzzweck des Gesetzes umfasst, findet im Gesetz keine Stütze. Dass sog. „Kunstfehler“ regelmäßig keine Ansprüche nach dem OEG nach sich zögen, liege daran, dass es sich fast immer um fahrlässige Delikte handele. Dieser Fall lag jedoch anders.

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