Anspruch auf Insolvenzgeld bei zweiter Insolvenz des Arbeitgebers

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

Das SG Gießen hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Arbeitnehmer die Zahlung von Insolvenzgeld begehrte, nachdem sein Arbeitgeber nach Eröffnung eines ersten Insolvenzverfahrens im Rahmen der Überwachung eines Insolvenzplans zunächst seine Zahlungsfähigkeit zurückerlangt hatte, nach Beendigung des ersten Insolvenzverfahrens aber eine zweite Insolvenzeröffnung folgte (Urt. vom 15.05.2023 – S 14 AL 4/23).

Der Kläger begehrte die Zahlung von Insolvenzgeld, nachdem sein Arbeitgeber nach Aufhebung des ersten Insolvenzverfahrens erneut Insolvenzantrag stellen musste. Zum Zeitpunkt des erneuten Insolvenzantrages waren noch weniger als 2 % des Ausschüttungsbetrages aus dem Insolvenzplanverfahren zur Auszahlung offen.

Im zweiten Insolvenzverfahren verloren alle Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin ihren Arbeitsplatz; über den erneuten Antrag auf Insolvenzgeldzahlung musste gerichtlich entschieden werden.

Das Sozialgericht hat der Klage auf Zahlung des Insolvenzgeldes stattgegeben. Der Kläger habe einen entsprechenden Anspruch gemäß § 165 I 1 SGB III, da mit der Eröffnung des zweiten Insolvenzverfahrens ein tatbestandliches Insolvenzereignis eingetreten sei. Eine Sperrwirkung des ersten Insolvenzereignisses liege in diesem Fall nicht vor. Maßgeblich sei zwar für den Anspruch auf Insolvenzgeld das zeitlich erste Insolvenzereignis. Dies solle aber nicht gelten, sofern der Arbeitgeber die Zahlungsfähigkeit zurückerlangt habe.

Die formal andauernde Überwachung der Erfüllung des Insolvenzplans rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts nicht die Annahme, die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers bestehe fort mit der Folge, dass ein neues Insolvenzereignis mit einem Anspruch auf Insolvenzgeldzahlung nicht eintreten könne.

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