Androhung der selbständigen Inbesitznahme eines Kfz als der Zwangsvollstreckung gleichstehende Drucksituation
von Lieb Rechtsanwälte
Ein Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel
Das AG Berlin-Charlottenburg hat mit Urteil vom 11.10.2024 (209 C 6/24) über einen insolvenzanfechtungsrechtlichen Anspruch entschieden, in dem für den Fall der Nichtzahlung von Mieten für ein Kfz mit der eigenmächtigen Rückführung des Fahrzeugs gedroht wurde.
Die Vermieterin eines Kfz, das sie kurz vor Insolvenzantragstellung von der Schuldnerin gekauft und unmittelbar wieder an diese vermietet hatte, wurde verurteilt, die nach Antragstellung geforderte Miete an die Insolvenzmasse zu erstatten.
Sie hatte –nach Stellung des Insolvenzantrages- die Schuldnerin gemahnt, die Miete zu zahlen und für den Fall der Nichtzahlung folgende Konsequenzen angekündigt:
„Sollten wir binnen dieser fünf Werktage weder einen Geldeingang noch die Übergabe des Fahrzeugs bei uns verzeichnen können, sind wir gezwungen ein Kfz-Rückführungs-Unternehmen zu beauftragen und eine Strafanzeige bei der Polizei wegen Kfz-Unterschlagung zu stellen. Des Weiteren wird das Fahrzeug bei der Polizei zur Fahndung ausgegeben.“
Die Schuldnerin zahlte die geforderte Rate. Der Insolvenzverwalter, Kläger des Verfahrens, focht die Zahlung an und forderte die beklagte Vermieterin vergeblich zur Rückzahlung auf. Das AG Berlin-Charlottenburg hat die Beklagte zur Rückzahlung verurteilt und geht von einer inkongruenten Deckung bei Zahlung der Miete aus:
Die Beklagte hatte die Zahlung nicht in dieser Art oder zu dieser Zeit zu beanspruchen, § 131 I Nr. 1 InsO. Das Gericht führt aus, dass es sich bereits dann um eine inkongruente Deckung im Sinn des Anfechtungsrechts handele, wenn der Schuldner während der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag unter dem Druck unmittelbar drohender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen leiste, um diese zu vermeiden. Damit gewähre der Schuldner eine Befriedigung, die der Gläubiger „nicht in der Art“ zu beanspruchen habe. Die Beklagte sehe sich aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung berechtigt, das vermietete Fahrzeug ohne Einschaltung eines Gerichtsvollziehers selbstständig wieder in Besitz zu nehmen. Dass sie dies auch praktiziere sei gerichtsbekannt. Dies komme in der faktischen Wirkung einer hoheitlichen Vollstreckungsmaßnahme gleich und erzeuge bei der Schuldnerin eine vergleichbare Drucksituation.