Aktive Abfrage der Kundenzufriedenheit ist Werbung

von Joachim Borger | Lieb.Rechtsanwälte

Das Kammergericht in Berlin hatte mit Urteil vom 15.09.2021, Az. 5 U 35/20, über die Zulässigkeit von Werbe-E-Mails und Werbeanrufen zu entscheiden und setzt dabei hohe Hürden für Werbemaßnahmen fest.

Was war passiert?

Die Beklagte, ein Dienstleistungsunternehmen kontaktierte die Klägerin sowohl per E-Mail als auch telefonisch. Die Klägerin war Kundin des beklagten Dienstleistungsunternehmens. Da die Kundin aufgrund einer verlorenen Postsendung mit der Support-Abteilung der Beklagten in Kontakt kam, nutzte die Beklagte diesen Anlass für eine Kundenzufriedenheitsabfrage sowohl per E-Mail als auch telefonisch. Dabei wurde sowohl um Feedback bezüglich der Kundenzufriedenheit gebeten als auch klassische Werbung im Sinne eines Anpreisens von Produkten aus dem Portfolio der Beklagten betrieben.

Das Kammergericht hält nicht nur die klassische Werbung, die hier wohl beiläufig erfolgte, für Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 UWG, sondern auch die Kundenzufriedenheitsabfrage. Dies wird damit begründet, dass die Kundenzufriedenheitsabfrage allenfalls anderen zukünftigen Kunden helfen könne, nicht jedoch dem befragten Kunden selbst. Daraus ergibt sich nach Auffassung des Kammergerichts auch die Unzulässigkeit der Werbemails und Werbeanrufe, da eine Einwilligung in die Werbemaßnahmen nicht in ausdrücklicher Form vorlag und von einer solchen auch nicht mutmaßlich ausgegangen werden durfte. Denn es sei nicht wahrscheinlich, dass der befragte Kunde seine Zeit und seinen mit der Kommunikation verbundenen Materialaufwand freiwillig einsetzen will, um zukünftigen Kunden besseren Service der Beklagten zu ermöglichen.

Weithin bekannt dürfte sein, dass Werbung gegenüber Verbrauchern nur auf Grundlage einer hinreichenden ausdrücklichen Einwilligung erfolgen darf. Auch gegenüber Unternehmern (b2b) sind individuelle Werbesendungen und Werbeanrufe grundsätzlich verboten. Erleichterung besteht im b2b-Verhältnis nur insoweit, als die Einwilligung nicht ausdrücklich erteilt sein, wenn hinreichende Anhaltspunkte die Mutmaßung des Bestehens des Einverständnisses rechtfertigen. Das ist jedoch die Ausnahme. In der Regel sind Werbemaßnahmen verboten.


Welche Folgen können auf Betreiber unzulässiger Werbemaßnahmen zukommen?

Das Kammergericht hat dem Kläger einen Anspruch auf Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten zu Werbezwecken gemäß Art. 15 DSGVO zugesprochen. Insbesondere besteht ein Anspruch auf Mitteilung, ob automatisierte Entscheidungsfindung, insbesondere Profiling gemäß Art. 22 Abs. 1 und 4 DSGVO stattfindet.

Außerdem können Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz geltend gemacht werden. Die Werbenden müssen mit kostenträchtigen Abmahnungen rechnen.

Die Bundesnetzagentur kann Rufnummern abschalten und – jedenfalls bei Verstößen zu Lasten von Verbrauchern - Bußgelder verhängen. Auf der Webseite der Bundesnetzagentur stehen schlanke und leicht zu füllende Beschwerdeformulare zur Verfügung.

Sollten Sie Unterstützung beim Umgang mit Belästigungen durch Werbemaßnahmen haben, stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.

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