AG München – Kein Anspruch auf Erstattung der Reisekosten bei zu langsamer Sicherheitskontrolle und verpasstem Boarding
von Lieb Rechtsanwälte
Ein Beitrag von RAin Natalie Freiin von Beust
Mit Urteil vom 12.07.2023, Az. 158 C 1985/23 wies das Amtsgericht München die Klage gegen einen Reiseveranstalter auf Rückerstattung des Reisepreises in Höhe von knapp € 2.000,00 ab. Hintergrund der Klage war ein verpasster Flug der Anspruchssteller nach Madeira, die nun nach Abweisung der Klage die Kosten der gebuchten Pauschalreise selbst tragen müssen.
Die beiden betroffenen Reisenden buchten ursprünglich eine Pauschalreise nach Madeira, wobei sie laut Online-Check-in für den Flug am 12:50 Uhr am Gate sein sollten. Die Betroffenen erreichten das Gate allerdings erst um 13:05 Uhr, wo ihnen das Bodenpersonal den Zutritt zum Flugzeug verweigerte, obwohl das Flugzeug noch in Parkposition stand. Grund für die verspätete Ankunft der Reisenden am Gate war die Tatsache, dass der Schalter zur Gepäckabgabe wohl erst später als erwartet und von den Reisenden eingeplant geöffnet habe. Angeblich hätten die Reisenden die Flughafenhalle bereits drei Stunden und 20 Minuten vor Abflug erreicht. Nach Abgabe des Gepäcks seien sie auf direktem Wege zur Sicherheitskontrolle gegangen, die jedoch mehr als eineinhalb Stunden gedauert hätte, da lediglich einer der ca. 20 Schalter geöffnet gewesen sei. Eingeklagt wurde dann der gesamte Reisepreis auf Grundlage eines Reisemangels mit der Argumentation, der beklagte Reiseveranstalter hätte von dem Personalmangel bei der Sicherheitskontrolle wissen und die Gepäckschalter früher öffnen müssen.
Das AG München verneinte diesen Mangel und nahm einen Annahmeverzug der Reisenden an, da sie das Abflug-Gate erst nach dessen Schließung erreicht hatten. Der Reiseveranstalter müsse sich eine Verzögerung bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen nicht zurechnen lassen, da die Personen- und Gepäckkontrolle keine Leistungserbringung des Reiseveranstalters oder dessen Leistungsträger im Rahmen des Reisevertrages ist. Die Sicherheitskontrolle fällt nicht in die Sphäre der Rechten und Pflichten des Reisevertrages – vielmehr fällt diese als hoheitliche Aufgabe des Staates in den Anwendungsbereich des Luftsicherheitsgesetzes und wird durch die zuständige Luftsicherheitsbehörde unter Beauftragung der Bundespolizei ausgeführt. Dem Reiseveranstalter war auch nicht vorzuwerfen, dass dieser den Gepäckabgabeschalter erst zweieinhalb Stunden vor Abflug geöffnet hatte, da dieser sich darauf verlassen dürfe, dass die Organisation der Sicherheitskontrolle ein Erreichen des Gates bis zur angegebenen Boardingzeit problemlos ermöglicht. Indem der Reiseveranstalter den Hinweis auf die Boardingzeit gegeben hat, sei dieser seinen vertraglichen Pflichten nachgekommen – ein Hinweis auf die mögliche Verzögerung bei der Sicherheitskontrolle falle nicht in den vertraglichen Pflichtenkreis des Reiseveranstalters. Es liegt in der Verantwortung Reisender pünktlich und damit rechtzeitig am Flughafen zu sein und für ein rechtzeitiges Passieren der Sicherheitskontrolle, bspw. durch Herantreten an andere Reisende mit Bitte um bevorzugte Abfertigung, zu sorgen. Dabei argumentierte das Gericht u.a. auch, dass andere Reisende das Boardinggate offensichtlich auch trotz der Verzögerungen am Flughafen rechtzeitig erreicht hätten, es sei nicht davon auszugehen, dass das Flugzeug ohne Passagiere und Gepäck nach Madeira geflogen ist. Letztlich zeigt dieses Urteil, dass nicht alle mit einer Reise verbundenen Hindernisse in die vertragliche Sphäre des Reisevertrages und damit nicht bedingungslos in den Verantwortungs- und Haftungsbereich des Reiseveranstalters fallen und der Reisende selbst mitverantwortlich für den reibungslosen Ablauf der Reise ist.