Zulässigkeit einer Gegenabmahnung

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RA Tobias Kiphuth, FA für gewerblichen Rechtsschutz

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21. Januar 2021 (I ZR 17/18 – Berechtigte Gegenabmahnung) bestätigt, dass eine Gegenabmahnung im Wettbewerbsrecht nicht per se rechtsmissbräuchlich ist.

Im vorliegenden Fall stritten zwei gewerbliche Verkäufer von Druckerzubehör über den Internetauftritt des jeweils anderen bei Amazon. Der erste Verkäufer mahnte den zweiten wegen dessen fehlerhafter Widerrufsbelehrung ab. Der zweite Verkäufer nahm daraufhin die Widerrufsbelehrung des ersten unter die Lupe und stellte dort ebenfalls einen Fehler fest. Er sprach daher eine Gegenabmahnung aus und schlug gleichzeitig einen Vergleich zur gütlichen Einigung wegen beider Abmahnungen vor. Da der erste Verkäufer darauf nicht einging, verklagte der zweite ihn unter anderem zur Erstattung der Anwaltskosten für die Gegenabmahnung.

Der Bundesgerichtshof stellte zunächst noch einmal klar, dass für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung keine Kostenerstattung verlangt werden könne. Rechtsmissbräuchlich sei eine Abmahnung insbesondere dann, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Abgemahnten einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.

Die Motivation des zweiten Verkäufers, durch die Gegenabmahnung im Ergebnis nicht schlechter dastehen zu wollen als der erste Verkäufer, der seinerseits zuvor eine Abmahnung gegen ihn ausgesprochen hatte, reiche für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht aus. Dies gelte auch für den Umstand, dass der Gegenabmahnung keine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt war und die Gegenabmahnung den Boden für den Vergleichsvorschlag bereiten sollte. Schließlich spreche auch die Einreichung der Klage durch den zweiten Verkäufer gegen ein missbräuchliches Verhalten.

Fazit: Jeder Wettbewerber sollte vor der Übersendung einer Abmahnung gegebenenfalls mit anwaltlicher Hilfe prüfen, ob sein eigener Internetauftritt nicht Anlass für eine Gegenabmahnung gibt.

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