Wohnungseigentümergemeinschaft: zur Entscheidungskompetenz des Hausverwalters für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RA Dr. Klaus Lieb, FA für Medizinrecht, FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

Teilungserklärungen räumen dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen in der Regel nicht ein. Der mit dem Verwalter abzuschließende Verwaltervertrag kann im Einzelfall die Befugnisse des Verwalters erweitern. Soweit die Eigentümergemeinschaft hiervon Gebrauch macht, zeigt der BGH in seinem Urteil vom 11.6.2021, Az.: V ZR 215/20 den zu beachtenden Rahmen einer Kompetenzverlagerung auf.

Nach Auffassung des BGH können, so der amtliche Leitsatz, die Wohnungseigentümer durch Beschluss dem Verwalter über seine gesetzlichen Befugnisse hinausgehende Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung sowie für die Einschaltung von Sonderfachleuten übertragen, wenn die Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko führt. Prüfungsmaßstab der Entscheidung war das Wohnungseigentumsgesetz in der alten Fassung.

Nach § 27 des WEG in der Fassung vom 12.01.2021 ist der Verwalter gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung zu treffen, die erstens untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder zweitens zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind. Die Wohnungseigentümer können vorstehende Rechte und Pflichten durch Beschluss einschränken oder erweitern.

Der eingangs zitierte Leitsatz der Entscheidung des BGH vom 11.06.2021 hat auch nach der Neufassung des WEG-Gesetzes Gültigkeit. Die Wohnungseigentümer, so der BGH, haben ein berechtigtes Interesse an der Übertragung von Entscheidungskompetenzen für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung in begrenztem Umfang. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sich die Kompetenzübertragung nur auf einen Einzelfall bezieht und die Wohnungseigentümer die maßgeblichen Kriterien für die Entscheidung des Verwalters vorschreiben, sodass dieser nur eine gebundene, nicht freie Entscheidung treffen kann. Jedoch darf die Ermächtigung nur zu einem begrenzten und für den einzelnen Wohnungseigentümer überschaubaren finanziellen Risiko führen.

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