Urteil zur Patientenidentität bei Praxisgemeinschaften
von Lieb Rechtsanwälte
Nach einem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen in Celle vom 21.03.2012 (Az.: L 3 KA 103/08) gilt ein hoher Anteil gemeinsamer Patienten als Kennzeichen einer Gemeinschaftspraxis, in einer Praxisgemeinschaft als Hinweis auf einen Gestaltungsmissbrauch, wobei erst ab einer Patientenidentität von 50 Prozent generell ein Missbrauch unterstellt werden kann. Bei einer Patientenindentität zwischen 20 und 50 Prozent muss genauer hingeschaut werden.
Nach der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist bei Praxispartnern derselben Fachrichtung und einer Patientenidentität über 50 Prozent von einem solchen Missbrauch auszugehen. Hintergrund ist der Verdacht, dass von den Praxispartnern in solchen Fällen unnötig und künstlich Honorarzuwächse produziert werden, z.B. durch eine doppelte Abrechnung der Ordinationsgebühr oder durch eine Aufblähung der Fallzahlen. Später entschied das BSG, dass ein Missbrauch schon ab 20 Prozent Patientenidentität vermutet werden kann.
Nach dem ärztefreundlichen Urteil des LSG reicht unter 50 Prozent die reine Statistik nicht aus, um von einem Missbrauchsfall ausgehen zu können. Ein Missbrauch kann den Praxispartnern nur dann vorgeworfen werden, wenn sich "anhand weiterer Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die Ärzte tatsächlich wie die Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis zusammenarbeiten", etwa dann, wenn sich Vertretungen über mehrere Quartale wiederholt auf geplante Vertretungstage konzentrieren.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zum BSG zugelassen.
Quelle: ärztezeitung.de, Artikel vom 17.08.2012 zur Entscheidung LSG Niedersachsen-Bremen vom 21.03.2012, Az.: L 3 KA 103/08