Umsatzsteuerfalle bei Praxisverkauf

von Lieb Rechtsanwälte

Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. 

Ärzte gehen meist davon aus, dass diese gesetzliche Regelung für den Verkauf ihrer Praxis oder Teilen davon unbeschränkt gilt, zumal ihre heilberuflichen Leistungen umsatzsteuerfrei sind. Jedoch ist nicht jeder Verkauf umsatzsteuerfrei.

Fall 1:

Veräußert ein Arzt seine kassen- und/oder privatärztliche Praxis komplett mit der Einrichtung, allen medizinischen Geräten, dem Patientenstamm sowie dem Praxiswert an einen Dritten, fällt keine Umsatzsteuer an. Gleiches gilt für die Einbringung einer kompletten Einzelpraxis in die Einbringung einer Berufungsausübungsgemeinschaft. Scheidet der Arzt später aus der Berufsausübungsgemeinschaft aus und veräußert seinen Anteil, so ist dieser Vorgang ebenfalls umsatzsteuerfrei.

Fall 2:

Beschränkt sich der Verkauf auf den vertragsärztlichen Praxisteil unter Fortführung der privatärztlichen Praxis, fehlt es an der Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung, nämlich der Geschäftsveräußerung im Ganzen. Es fällt Umsatzsteuer an.

Fall 3:

Bei dem Verkauf von Praxisinventar fällt keine Umsatzsteuer an, sofern die Gegenstände des Praxisinventars ausschließlich für heilberufliche Tätigkeiten genutzt wurden. Hingegen ist der Verkauf von Geräten für steuerpflichtige Schönheitsoperationen umsatzsteuerpflichtig.

Fall 4:

Der bloße Verkauf des Patientenstammes oder einzelner immaterieller Wirtschaftsgüter, wie einer speziellen ärztlichen Software, ist grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, also auch dann, wenn diese Wirtschaftsgüter für heilberufliche Leistungen verwendet wurden.

Hier kann im Einzelfall die Kleinunternehmerregelung greifen, wonach die Umsatzsteuer entfällt, wenn die steuerpflichtigen Umsätze der Praxis bzw. des Arztes im Vorjahr € 17.500,00 nicht überschritten haben und sie im laufenden Jahr voraussichtlich € 50.000,00 nicht übersteigen. Bei der Berechnung ist allein auf die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen, wie etwa solche aus gutachterlicher Tätigkeit, abzustellen.

Fall 5:

Im Zuge von Expansionsstrategien werden (Zweig-)Praxen gekauft oder gegründete Praxen verkauft. Hier erleichtert die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes unter bestimmten Voraussetzungen einen steuerbegünstigten Teilverkauf, sofern die Teilpraxis über ein gewisses Maß an Selbstständigkeit verfügt und einen organisatorisch in sich geschlossenen und für sich lebensfähigen Teil der Gesamtpraxis darstellt. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. Wichtig ist insbesondere, dass die Patientenstämme der einzelnen Praxen nicht vermischt werden. Werden freie Kapazitäten der einen Praxis für die Verrichtung von Tätigkeiten in der anderen Praxis genutzt, bleibt dies unschädlich, sofern die Tätigkeiten zwischen den Praxen verrechnet werden.

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