Umfang des Überweisungsauftrags als Maßstab für die ärztliche Behandlungspflicht

von Lieb Rechtsanwälte

1. Bei einer Überweisung eines Patienten zu einer Befunderhebung richtet sich der Umfang der geschuldeten ärztlichen Leistungen nach dem in der Überweisung genannten Auftrag.

2. Erfolgt eine Überweisung zur eigenverantwortlichen Abklärung einer Verdachtsdiagnose, so entsteht mit der Übernahme dieses Auftrags eine Verpflichtung zur Erhebung aller notwendigen Befunde, um den Verdacht entweder zu bestätigen oder auszuschließen. Der Überweisungsauftrag umfasst dann auch die vollständige Auswertung der erhobenen Befunde.

3. Wird hingegen die Überweisung zur Ausführung einer konkret benannten Diagnosemaßnahme vorgenommen, so beschränkt sich die geschuldete und erlaubte ärztliche Leistung auf diese Maßnahme. Es bleibt Sache des überweisenden Arztes, die Ergebnisse der Befunderhebung zu interpretieren und hieraus z. B. therapeutische Schlussfolgerungen abzuleiten.

OLG Naumburg, Urteil vom 18.01.2008 – 1 U 77/07

Aus den Gründen:

Bei einer Überweisung eines Patienten zu einer Befunderhebung richtet sich der Umfang der geschuldeten ärztlichen Leistungen nach dem in der Überweisung genannten Auftrag. Der Überweisungsempfänger ist an den Inhalt der Überweisung gebunden. Er darf ohne Einwilligung des überweisenden Arztes eigenmächtig gar keine weitergehenden Untersuchungen durchführen, weil er damit in die Behandlung des vom Patienten gewählten Arztes eingreifen würde (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.1993 in NJW 1994, 797; es folgen weitere Rechtsprechungshinweise). Deshalb ist zu unterscheiden: Erfolgt eine Überweisung zur eigenverantwortlichen Abklärung einer Verdachtsdiagnose, so entsteht mit der Übernahme dieses Auftrags eine Verpflichtung zur Erhebung aller notwendigen Befunde, um den Verdacht entweder zu bestätigen oder auszuschließen. Der Überweisungsauftrag umfasst dann auch die vollständige Auswertung der erhobenen Befunde. Wird hingegen die Überweisung zur Ausführung einer konkret benannten Diagnosemaßnahme vorgenommen, so beschränkt sich die geschuldete und erlaubte ärztliche Leistung auf diese Maßnahme. Es bleibt Sache des überweisenden Arztes, die Ergebnisse der Befunderhebung zu interpretieren und hieraus z. B. therapeutische Schlussfolgerungen abzuleiten.

Praxishinweis:

Liegt ein beschränkter Auftrag vor, ist der Arzt im Rahmen des übernommenen Überweisungsauftrages gleichwohl verpflichtet, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob die von ihm erbetene Leistung nicht etwa kontraindiziert ist. Anhaltspunkt hierfür kann ein gegenüber dem Zeitpunkt der Anordnung veränderter Zustand sein.

Quelle: ZMGR 286/2008

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