Transparenzregister: Der Kreis der wirtschaftlich Berechtigten erweitert sich
von Joachim Borger | Lieb.Rechtsanwälte
Erneut hat das Bundesverwaltungsamt seine FAQ zum Transparenzregister überarbeitet. Die neueste Fassung auf dem Stand vom 19. August 2020 bringt gravierende Änderungen der Verwaltungspraxis mit sich. Die Neuerungen betreffen insbesondere den Begriff der wirtschaftlich Berechtigten. Diese Aktualisierung findet in der Presse nur wenig Beachtung, was schwer zu begreifen ist, führt sie doch zu großflächigem Handlungs- oder zumindest Prüfungsbedarf für juristische Personen des Zivilrechts und eingetragene Personengesellschaften.
Das Bundesverwaltungsamt fasst den Begriff der wirtschaftlich Berechtigten nun sehr viel weiter als zuvor. So ist etwa die sog. Verhinderungsbeherrschung ausreichend für die wirtschaftliche Berechtigung. Wer wesentliche Handlungen transparenzpflichtiger Vereinigungen blockieren kann, ist als wirtschaftlich Berechtigter im Transparenzregister zu führen. Dafür reicht also beispielsweise ein bloßes Vetorecht einer natürlichen Person aus, sei es auf (gesellschafts-) vertraglicher oder auf gesetzlicher Grundlage beruhend. Hat eine Gesellschaft mehrere Gesellschafter und sieht der zugrundeliegende Gesellschaftsvertrag Einstimmigkeitserfordernisse vor, dann sind alle Gesellschafter als wirtschaftlich Berechtigte im Transparenzregister zu führen, da jeder einzelne Gesellschafter Beschlussfassungen blockieren kann.
Auch bei Mehrheitserfordernissen kann eine natürliche Person wirtschaftlich Berechtigte sein, wenn sie die erforderliche Mehrheit in sich vereint. Dies gilt nicht nur dann, wenn sie unmittelbar einen Anteil an Stimmrechten hält, der das jeweilige Mehrheitserfordernis erfüllt. Selbiges gilt z.B. auch in folgendem Fall: Die Satzung der X GmbH sieht vor, dass wesentliche Beschlüsse eine 2/3-Mehrheit erfordern. Gesellschafter sind die natürlichen Personen A und B zu je 25 %. Die übrigen Stimmrechtsanteile in Höhe von 50 % hält eine juristische Person C. A ist unmittelbar Berechtigter der juristischen Person C und entscheidet allein über die Ausübung der Stimmrechte von C. Dann ist nach der Auffassung des Bundesverwaltungsamtes die natürliche Person A wirtschaftlich Berechtigte der X GmbH, da sie teils mittelbar und teils unmittelbar die X GmbH beherrscht. Denn die ihr zuzurechnenden Stimmrechtsanteile betragen 75 %. Die natürliche Person A kann daher ihre Interessen innerhalb der X GmbH eigenständig durchsetzen.
Eine umfassende Darstellung der Neuerungen vom 19.08.2020 ist im vorliegenden Rahmen nicht möglich. Darüber hinaus ist in jedem Fall individuell zu prüfen, ob Handlungsbedarf betreffend das Transparenzregister für die jeweilige Vereinigung besteht. Die vorliegende Darstellung kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie erfüllt ihren Zweck, wenn ihre Leser auf die neuen Entwicklungen aufmerksam werden und sich zumindest zu einer Prüfung der eigenen Angelegenheiten veranlasst sehen.
Die aktuellen FAQ des BVA zum Transparenzregister sind abrufbar unter: