Schutzbereich des COVID – 19 – Insolvenzaussetzungsgesetzes bei Eigeninsolvenzantrag

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

Der Gesetzgeber hat bereits zu Beginn und auch im Lauf der Pandemie mit dem „Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID – 19 – Pandemie bedingten Insolvenz“ (COVID – 19 – Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG) Regelungen geschaffen, die u.a. auch die Insolvenzanfechtung einschränken.

So sieht das Gesetz in § 2 I Nr. 4 vor, dass für den Fall, dass die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrages nach § 1 I dieses Gesetzes ausgesetzt ist, Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser in der Art oder zu der Zeit beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar sein sollen. (Die gesetzliche Regelung enthält noch einige Ausnahmen, die aber hier nicht Grundlage der Entscheidung waren.)

Das OLG München (Beschluss vom 20.10.2021 – 5 U 4809/21) hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Insolvenzverwalter in einem am 11.5.2020 beantragten und am 1.9.2020 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners Steuerzahlungen vom 21.07.2020 und vom 28.8.2020 angefochten hat. Das beklagte Finanzamt war bereits am 17.6.2020 über den Insolvenzantrag und die Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung informiert worden.

Das LG München I gab der Anfechtungsklage statt; die Anfechtung gem. § 130 I Nr. 2 InsO sei erfolgreich, nachdem die Zahlungen nach Antragstellung erfolgt waren und die Beklagte Kenntnis von dem Eigenantrag gehabt habe.

Der Ausschlusstatbestand des § 2 I Nr. 4 COVInsAG sei nicht anwendbar: die Schuldnerin habe sich durch Stellung des Eigenantrages außerhalb des Schutzbereich des COVInsAG begeben. Der durch § 2 I Nr. 4 COVInsAG bewirkte Schutz des Anfechtungsgegners sei nicht selbst Gesetzeszweck, sondern lediglich Mittel zum übergeordneten Zweck, den Insolvenzschuldner zu schützen. Entfalle dieser Zweck auf Grund eines Eigenantrages, müsse auch die Privilegierung des Anfechtungsgegners entfallen.

Das OLG München hat die Entscheidung des LG München I mit dem o.g. Hinweisbeschluss bestätigt. Auf die weitergehenden Ausführungen des LG, wonach die Privilegierung lediglich für Vertragspartner des Schuldners gelte, geht das OLG nicht ein.

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