Panoramafreiheit - Drohnenbilder von Bauwerken verletzen nicht das Urheberrecht des Architekten

von Joachim Borger | Lieb.Rechtsanwälte

Im Urheberrecht gilt die sogenannte Panoramafreiheit. Demnach dürfen Abbildungen von solchen Werken vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden (§ 59 Abs. 1 UrhG). Dies betrifft vor allem Bauwerke. Nach der Rechtsprechung des BGH mit Urteil vom 05.06.2003 – I ZR 192/00 – Hundertwasser-Haus – fallen unter diese Privilegierung allerdings keine Aufnahmen von Gebäuden, die aus der Luft gefertigt werden.

Die Begründung dafür lässt sich wie folgt zusammenfassen: Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung der Panoramafreiheit ist es, der Allgemeinheit einen freien Umgang mit Abbildungen von Motiven und Perspektiven zu gewähren, die jeder Angehörige der Öffentlichkeit nach freiem Belieben in Augenschein nehmen kann. Die Vogelperspektive – so der BGH im Jahr 2003 – gehört nicht zu dem Anblick, der der breiten Masse der Bevölkerung regelmäßig zur Verfügung steht. Vereinzelt sind Werke sogar nur aus der Luft zu sehen. Aufnahmen aus der Luft zeigen derart exklusive Sichtweisen, dass urheberrechtlicher Schutz gerechtfertigt ist.

Das LG Frankfurt a.M. hat nun mit Urteil vom 25.11.2020 – 2-06 O 136/20 entschieden, dass Aufnahmen einer Drohne unter die Panoramafreiheit fallen und daher urheberrechtlich unbedenklich sind, auch wenn sie urheberrechtlich geschützte (Bau-) Werke zeigen. Auf den ersten Blick mag darin eine Missachtung höchstrichterlicher Rechtsprechung gesehen werden. Stattdessen dürfte jedoch zu erwarten sein, dass der BGH diese Entscheidung begrüßen wird, sollte er je die Gelegenheit dazu bekommen. Denn das LG Frankfurt a.M. zeigt, dass es sich mit der Argumentation des BGH eingehend auseinandergesetzt. Es hat auf dieser Grundlage ein Urteil gefällt, das der technischen Entwicklung der vergangenen Jahre angemessen Rechnung trägt. Aufnahmen aus der Luft sind nur mit der Hilfe entsprechender technischer Mittel möglich. Um die Jahrtausendwende herum hatte nur ein verschwindend geringer Teil der Bevölkerung Zugang zu Flugobjekten. In den vergangenen Jahres ist jedoch ein Markt für Drohnen und ähnliche fernsteuerbare Flugobjekte herangewachsen, der es jedem durchschnittlichen Verbraucher ermöglicht, mit überschaubaren finanziellen Aufwendungen Aufnahmen aus der Luft anzufertigen. Heutzutage hält der Markt Drohnen und Kameras bereit, die letztlich für nahezu alle Einkommensschichten der Bevölkerung mehr oder weniger erschwinglich sind. Die Auslegung des § 59 Abs. 1 UrhG im Kontext der zeitlichen und technischen Entwicklung, wie sie das LG Frankfurt a.M. vornimmt, erweist sich daher als lebensnah und modern, denn die Vogelperspektive ist längst nicht mehr nur einer Minderheit von Spezialisten exklusiv vorbehalten.

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