Neues Notvertretungsrecht für Ehegatten

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RA Dr. Klaus Lieb, FA für Medizinrecht, FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

Der Deutsche Bundestag und der Deutsche Bundesrat haben Anfang März 2021 das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts beschlossen. Hierin wird erstmalig ein zeitlich befristetes Vertretungsrecht unter Ehegatten (für Lebenspartner gilt dies entsprechend) geregelt. Danach können sich Ehegatten im Falle einer akuten Notfallversorgung unter eng begrenzten Voraussetzungen gegenseitig in Angelegenheiten der Gesundheitssorge gesetzlich vertreten. Von der Anordnung einer vorläufigen Betreuung kann in einer solchen Notfallsituation abgesehen werden. Die neue Regelung des Ehegattenvertretungsrechts ist eröffnet, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann. Der Umfang der Vertretung ist gesetzlich geregelt. Vom Umfang des Vertretungsrechts gedeckt werden nicht nur die unmittelbar in Verbindung mit der das Vertretungsrecht auslösenden Bewusstlosigkeit oder Krankheit stehende Behandlung, sondern auch die sich anschließende medizinische Versorgung, soweit diese sich als notwendig und unaufschiebbar erweist. Das Vertretungsrecht erfasst auch den Abschluss und die Durchsetzung von Behandlungs- und Krankenhausverträgen sowie die Durchführung freiheitsentziehender ärztlicher Maßnahmen.

Das Ehegattenvertretungsrecht ist auf die Dauer von sechs Wochen beschränkt. Es kommt nicht zum Zuge, wenn die Ehegatten getrennt leben, der Erkrankte eine Vertretung ablehnt, im Wege einer Vorsorgevollmacht einen eigenen Bevollmächtigten bestimmt hat oder bereits ein Betreuer für den gleichen Aufgabenbereich bestellt ist.

Die Einführung eines gegenseitigen Notvertretungsrechts zwischen Ehegatten kann die Behandlungen in akuten Notsituationen erleichtern. Abgesehen von der Gefahr des Missbrauchs zu Lasten des Betroffenen entstehen für die Ärzteschaft weitreichende haftungsrechtliche Folgen.

Das Gesetz tritt mit Wirkung zum 01.01.2023 in Kraft.

Zurück