Neuerungen im Wettbewerbsrecht gegen unseriöse Abmahnungen

von Joachim Borger | Lieb.Rechtsanwälte

Am 02.12.2020 sind diverse Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft getreten. Der Gesetzgeber knöpft sich damit vor allem die zunehmende Praxis unseriöser und spekulativer Abmahnungen vor. Folgend stellen wir die wichtigsten Änderungen kurz dar:

                                     

Aktivlegitimation

Ansprüche aus dem UWG kann nur geltend machen, wer gemäß § 8 Abs. 3 UWG aktivlegitimiert ist. Darunter fallen insbesondere Mitbewerber. Die Anforderungen an die Mitbewerbereigenschaft wurden erhöht. In der neuen Fassung des UWG stehen die Ansprüche aus UWG nur noch solchen Mitbewerbern zu, welche Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen.“

Wollen Vereinigungen wie etwa Berufsverbände oder Verbraucherschutzorganisationen Ansprüche auf UWG geltend machen, müssen sie nun – über die übrigen weiterhin geltenden Voraussetzungen hinaus – in die Liste der sogenannten qualifizierten Einrichtungen eingetragen sein.

Missbrauch eindämmen

Missbräuchliche Abmahnungen bleiben weiterhin unzulässig. Der Katalog der typischen Missbrauchstatbestände wurde erweitert. Abmahnungen gelten im Zweifel z.B. dann als missbräuchlich, wenn die Anzahl von abgemahnten Rechtsverletzungen außer Verhältnis zum Umfang der Geschäftstätigkeit des Abmahnenden steht, wenn der Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch angesetzt wird oder offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden.

Strenge Anforderungen an die Abmahnung

Die inhaltlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abmahnung nach UWG werden im neuen § 13 Abs. 2 UWG vorgegeben. Entspricht die Abmahnung nicht den gesetzlichen Vorgaben, muss der Abmahnende nicht nur auf seinen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Abmahnung verzichten. Er muss darüber hinaus dem Abgemahnten die Kosten der Rechtsverteidigung im Rahmen der Erforderlichkeit ersetzen.

Gravierende Einschnitte in den Bereichen E-Commerce und Datenschutz

Noch weiter geht der Gesetzgeber im Hinblick auf gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien sowie das Datenschutzrecht. Verstöße gegen solche Rechtspflichten können zwar weiterhin abgemahnt werden. Ersatz der Aufwendungen dafür kann jedoch keinesfalls mehr verlangt werden. Somit ist etwa eine Abmahnung wegen fehlender oder falscher Angaben im Impressum nur noch auf eigene Kosten möglich. Auch Abmahnungen etwa wegen fehlender Grundpreise im Online-Shop eines Konkurrenten muss der Abmahnende aus eigener Tasche bezahlen. Fordert der Abmahnende in solchen Fällen die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, darf die Vertragsstrafe nur in Ausnahmefällen höher als € 1.000,- ausfallen. Bei einer erstmaligen Abmahnung dürfen Mitbewerber sogar überhaupt keine Vereinbarung einer Vertragsstrafe verlangen, wenn der Rechtsverletzer in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.

Eingeschränkte Auswahl unter den Gerichten

Für Rechtsverletzungen im Internet galt bislang der sogenannte fliegende Gerichtsstand. Demnach können Rechtsverletzungen vor jedem Gericht geltend gemacht werden, in dessen Bezirk die Rechtsverletzung Wirkung entfaltet. Rechtsverletzungen im Internet konnten daher üblicherweise vor jedem sachlich zuständigen Gericht der Bundesrepublik geltend gemacht werden. Für Verletzungen des Wettbewerbsrechts im Internet ist die Zeit des fliegenden Gerichtsstands mit Ablauf des 01.12.2020 zu Ende gegangen. Verletzungen außerhalb des elektronischen Geschäftsverkehrs und außerhalb von Telemedien können nur noch aktivlegitimierte Mitbewerber auf das Rechtsinstitut des fliegenden Gerichtsstands zurückgreifen. Aktivlegitimierte Vereinigungen wie etwa Wirtschaftsverbände und Verbraucherschutzorganisationen dürfen gerichtliche Hilfe nur noch am Wohnort bzw. am Sitz des Rechtsverletzers geltend machen.

Die vorliegende Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ebenso kann die vorliegende Darstellung keine Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen. Sollten Sie sich gegen eine unberechtigte oder unzulässige wettbewerbsrechtliche Abmahnung verteidigen wollen oder sonstige rechtliche Angelegenheiten klären wollen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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