Maßnahmen zugunsten der Handlungsfähigkeit von Vereinigungen werden verlängert

von Joachim Borger | Lieb.Rechtsanwälte

 

1. Erleichterungen auch im Jahr 2021

Mit Wirkung zum 28.03.2020 sind diverse gesetzliche Erleichterungen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie erlassen worden. Erklärtes Ziel war dabei insbesondere, die Gesellschaften und sonstigen Vereinigungen trotz aller allgemeinen Beschränkungen zum Zwecke des Gesundheitsschutzes handlungsfähig zu halten, indem beispielsweise das Abhalten virtueller Hauptversammlungen ohne physische Zusammenkunft der Aktionäre sowie Beschlussfassungen unter GmbH-Gesellschaftern auf dem Bürowege auch ohne Einstimmigkeit ermöglicht wurden.

Bislang waren diese Erleichterungen bis Ende des Jahres 2020 befristet. Nun hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz von seinem Recht, diese Erleichterungen zu verlängern, Gebrauch gemacht. Gemäß Verordnung vom 20.10.2020 gelten die genannten und alle weiteren Maßnahmen gemäß §§ 1 bis 5 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nun fort bis zum 31. Dezember 2021.

2. Kein Freifahrtschein

Dabei ist zu beachten, dass die Erleichterungen nicht grenzenlos und nach freiem Belieben der zuständigen Personen in Anspruch genommen werden dürfen.

Das LG München I hat mit Beschluss vom 26.05.2020 – 5 HK O 6378/20 entschieden, dass die Entscheidung, ob der Vorstand zu einer physischen oder zu einer virtuellen Hauptversammlung einberuft, nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffen ist. Demzufolge können Beschlussfassungen anfechtbar sein, wenn der Vorstand bei der Entscheidung darüber, in welcher Art die Hauptversammlung abgehalten wird, die Grenzen der Ermessensausübung überschritten hat. So ist nach Ansicht des LG München I bei einer sehr überschaubaren Zahl von Teilnehmern einer physischen Hauptversammlung eine Anfechtbarkeit wegen Ermessenfehlgebrauch denkbar, wenn der Vorstand unter Beruf auf § 1 Abs. 1 GesRuaCOVBekG zu einer virtuellen Hauptversammlung einberuft.

Folglich sollten jedenfalls die ausschlaggebenden Erwägungen für die Entscheidung, ob eine physische oder virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird, zuverlässig dokumentiert werden. Sofern eine Veranstaltung nicht in physischer Form stattfinden darf, weil dem etwa aktuelle Kontaktbeschränkungen entgegenstehen, dürfte dabei jedoch kein hoher Begründungsaufwand geboten sein.

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