Gesetzesänderung soll Gewerbemietern Verhandlungen erleichtern

von Lieb Rechtsanwälte

Ein aktueller Beitrag von RAin Nicola Kastner-Hippel

Der Einzelhandel ist bereits seit einigen Wochen (wieder) geschlossen, die Gastronomie und andere Betriebe seit Anfang November. Die Mieten sind trotzdem zu zahlen; eine einheitliche Linie der Rechtsprechung, welche Rechte Mieter hier geltend machen können, liegt bislang nicht vor (wir berichteten). Auch war bislang unklar, inwieweit auf Grund einer pandemiebedingten Schließung ein Anspruch auf Vertragsanpassung gem. § 313 BGB geltend gemacht werden kann. Hier hat der Gesetzgeber reagiert.

Der Gesetzgeber hat nunmehr in Artikel 240 § 7 EGBGB geregelt, dass für den Fall der Nichtnutzbarkeit oder erheblich eingeschränkten Nutzbarkeit von vermieteten Grundstücken oder Gewerberäumen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID – 19 – Pandemie vermutet wird, dass sich ein Umstand i.S. des § 313 I BGB, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, schwerwiegend verändert hat. Für Pachtverträge ist die Vorschrift entsprechend anzuwenden.

Damit soll den Mietern von Gewerberäumen die Aufnahme von Verhandlungen mit ihren Vermietern erleichtert werden.

Zu beachten ist, dass durch die Änderung lediglich vermutet wird, dass sich das sog. reale Element der Geschäftsgrundlage (ein Umstand, der Grundlage des Vertrages wurde) nach Abschluss des Vertrages schwerwiegend verändert hat. Diese Vermutung kann durch den Vermieter widerlegt werden. Nicht vermutet werden das 2. und 3. Element der Geschäftsgrundlage, nämlich dass die Parteien den Vertrag so nicht abgeschlossen hätten und einer Vertragspartei das Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist.

Darüber hinaus muss sich die in der Vorschrift erwähnte staatliche Maßnahme auf die Mietsache selbst oder den in den Räumen ausgeübten Betrieb beziehen (z.B. Schließungsanordnung).

Der Mieter muss im Rahmen der Verhandlungen beweisen, dass der Vertrag so nicht abgeschlossen worden wäre und dass ihm das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Nachdem eine Einzelfallabwägung stattfindet, muss der Mieter zum einen Umsatzeinbußen darlegen und zum anderen ersparte Aufwendungen, staatliche Unterstützungsleistungen etc.

Sofern diese drei Voraussetzungen tatsächlich unter Beweis gestellt werden können, kann ein Anspruch auf Vertragsanpassung bestehen. Wie diese aussieht, ist ebenfalls vom jeweiligen Einzelfall abhängig.

Um gerichtliche Verfahren, die eine solche Vertragsanpassung zum Gegenstand haben, zu beschleunigen hat der Gesetzgeber in § 44 EGZPO festgelegt, dass entsprechende Verfahren vorrangig und beschleunigt zu behandeln sind. So hat spätestens einen Monat nach Zustellung der Klageschrift ein früher erster Termin stattzufinden, § 44 II EGZPO.

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