Entscheidung zum Apotheken-Taler

von Lieb Rechtsanwälte

Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 23.05.2012, Az. 5 A 34/11 entschieden, dass sog. "Apotheken-Taler" im Wert von 50 Cent je Rezept zulässig sind und zwar auch bei verschreibungspflichtiger Arznei.

Zwar ist insoweit ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung gegeben, dieser sei bei "geringwertigen Kleinigkeiten" unterhalb der "wettbewerbsrechtlichen Spürbarkeitsschwelle" geringfügig und hinzunehmen.

Im konkreten Fall hatte ein Apotheker in Niedersachsen in seiner Hauptapotheke, sowie in zwei Filialen die Apotheken-Taler zunächst für Einkäufe frei verkäuflicher Waren über zehn Euro abgegeben. Dies wurde später auch auf die Einlösung von Rezepten mit verschreibungspflichtiger Arznei ausgeweitet. Die Taler im Wert von 50 Cent pro Stück konnten von den Kunden gesammelt und dann in den eigenen Apotheken, sowie bei Kooperationspartnern eingelöst werden (etwa einer Eisdiele).

Schon im September 2010 wurde vom BGH entschieden, dass Apotheken an ihre Kunden geringwertige Geschenke bis zu einem Euro abgeben dürfen (Az.: I ZR 26/09 und I ZR 125/08). Nach Auffassung der Apothekenkammer Niedersachsen sollte dies jedoch nicht für den Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel gelten, bei denen eine Preisbindung besteht. Die Kammer untersagte aus diesem Grund die Abgabe der Taler und drohte ein Zwangsgeld von 10.000 Euro an.

Im Eilverfahren setzte zunächst das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg die Entscheidung der Apothekenkammer im Juli 2011 vorerst aus (Az.: 13 ME 111/11). Das VG Braunschweig bestätigte nun diese  Entscheidung. Zwar liege ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung vor, da die Taler letztlich auch eine Art Rabatt seien. Einen Bagatellvorbehalt gebe es bei den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Arzneimittelpreisbindung nicht.

Das VG Braunschweig führte weiter aus, dass über ein Verbot die Apothekenkammer in einer "Ermessensentscheidung" befinden müsse und dazu verschiedene Gesichtspunkte und Belange im konkreten Fall abgewogen werden müssten. Der Preisbindung stehe hier die vom Bundesgerichtshof eingeräumte unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Apothekers gegenüber. Diese wiege im vorliegenden Fall schwerer. Aus diesem Grunde wurde ein Verbot bei einem Wert der Taler "von nur 0,50 Euro" als unverhältnismäßig erachtet.

Allerdings komme es, so das VG, nicht nur auf den Wert der einzelnen Geschenke an, vielmehr müsse immer der Wert der Boni in ihrer Summe berücksichtigt werden. Ein Apotheken-Taler im Wert von 50 Cent je eingelöstes Rezept sei danach aber nicht zu beanstanden.

Praxishinweis:

Der BGH hat sich mit Fällen der Arzneimittelpreisbindung nicht auseinandersetzen müssen. Es handelt sich somit um eine Einzelfallentscheidung, die keine allgemeine Bindungswirkung für andere Gerichte enfaltet, sondern Raum für anders lautende Ermessensauslegungen bietet.

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