Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht - Attestvorlage

von Lieb Rechtsanwälte

Legt der Betroffene eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, besteht regelmäßig ein konkreter Hinweis auf die Existenz eines berechtigten Entschuldigungsgrunds, sofern nicht Gründe dafür vorliegen, dass das Attest als erwiesen falsch oder sonst als offensichtlich unrichtig und unzureichend anzusehen ist.

In der Vorlage des ärztlichen Attestes durch den Betroffenen liegt regelmäßig zugleich die Entbindung des ausstellenden Arztes von seiner Schweigepflicht.

OLG Bamberg, Beschluss vom 28.11.2011 - 3 Ss Owi 1514/11

Der Betroffene war - ohne von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden worden zu sein - in der Hauptverhandlung, in der es um dessen Einspruch gegen die Festsetzung einer Geldbuße von 160 € und ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats ging, nicht erschienen. Sein Ausbleiben wurde als nicht genügend entschuldigt angesehen, ein Verteidiger war ebenfalls nicht anwesend.

Der Betroffene legte hiergegen Rechtsbeschwerde ein und erhielt Recht. Der Betroffene ließ am Vortag der Verhandlung über dessen Verteidiger dem Gericht per Telefax eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übermitteln, in der die Erkrankung des Betroffenen und deren Dauer angegeben war. Der Betroffene war hiernach nicht in der Lage, an dem vorgesehenen Termin teilzunehmen. Das Gericht hätte im Rahmen seiner Aufklärungspflicht, insbesondere bei bestehenden Zweifeln selbst durch Nachfrage beim Arzt abklären müssen, ob der Betroffene an einer Teilnahme am Haupttermin gehindert ist. Denn in der Vorlage eines Attestes durch den Betroffenen liegt regelmäßig zugleich die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht des ausstellenden Arztes. Hinweise dafür, dass das Attest erwiesener Maßen falsch oder unrichtig oder unzureichend gewesen ist, waren nicht ersichtlich. Eine andere Annahme ergab sich auch nicht dadurch, dass der Betroffene selbst oder durch seinen Verteidiger der Aufforderung, eine gerade die Verhandlungsunfähigkeit am Terminstag attestierende Bescheinigung vorzulegen, nicht nachgekommen war. Das Gericht durfte demnach das Ausbleiben des Betroffenen nicht als unentschuldigt ansehen. 

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