Das neue TTDSG und der digitale Nachlass

von Lieb Rechtsanwälte

Das TTDSG ist am 01.12.2021 in Kraft getreten, wie wir bereits berichteten, und hält einige Neuerungen und Klarstellungen bereit, die bei Weitem nicht nur das Themenfeld „Cookie-Banner“ betreffen. So hat der Gesetzgeber auch die Frage des Umgangs mit sogenanntem digitalen Nachlass in Angriff genommen.

Als digitaler Nachlass gilt im allgemeinen Sprachgebrauch jede Form von Wertgegenstand im weitesten Sinne, die nicht verkörpert oder verbrieft sind, sondern in Dateiformat auf Datenträgern gespeichert ist. Sie sind häufig nicht nur auf lokalen Festplatten im Haushalt des Verstorbenen gespeichert, sondern auf Servern in der ganzen Welt verteilt. Als Wertgegenstände im weitesten Sinne sind dabei auch personenbezogene Daten zu verstehen. Ein typisches Element digitalen Nachlasses sind Benutzerkonten bei sozialen Medien wie Facebook, Twitter & Co.

Immer häufiger treten Erben an die Betreiber von Social Media-Plattformen heran, teilen mit, dass der Nutzer verstorben ist und verlangen, dass Ihnen die Login-Daten zum Benutzerkonto überlassen werden. Die Plattformbetreiber verweigern dies oft und berufen sich dabei darauf, dass das Fernmeldegeheimnis dem Verlangen nach vollem Zugriff auf das Benutzerkonto entgegenstehe.

In der Folge ergingen zuletzt diverse gerichtliche Entscheidungen zu der Frage des Verhältnisses zwischen dem erbrechtlichen Grundprinzip der Gesamtrechtsnachfolge und dem widerstreitenden Grundrechts des Fernmeldegeheimnisses. So entschied etwa der BGH mit Beschluss vom 27.08.2020 – II ZB 30/20 -, dass Erben es nicht hinnehmen müssen, wenn ein Social Media-Plattformbetreiber nur einen USB-Stick mit einer PDF-Datei übergibt, die die Gesamtheit der auf die Person des Erblassers bezogenen Informationen enthält. Stattdessen muss den Erben der gleiche Zugriff auf das Benutzerkonto gewährt werden wie ihn der Erblasser hatte.

Mit § 4 TTDSG wird dieses Ergebnis der Abwägung zugunsten der Erblasser und gegen das Fernmeldegeheimnis in gesetzliche Form gegossen und klargestellt, dass sich Anbieter von Telekommunikationsdiensten gegenüber Erben und sonstigen legitimierten Vertretern des jeweiligen Nutzers nicht auf das Fernmeldegeheimnis berufen können:

Das Fernmeldegeheimnis steht der Wahrnehmung von Rechten gegenüber dem Anbieter des Telekommunikationsdienstes nicht entgegen, wenn diese Rechte statt durch den betroffenen Endnutzer durch seinen Erben oder eine andere berechtigte Person, die zur Wahrnehmung der Rechte des Endnutzers befugt ist, wahrgenommen werden.

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