Corona-Krise – Entschädigungsansprüche für Betriebsuntersagungen

Die Ausgangssituation

Am 27. März 2020 hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) erlassen.

Mit dieser werden – von bestimmten Ausnahmen abgesehen – der Betrieb sämtlicher Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung dienen, Gastronomiebetriebe jede Art, der Betrieb von Hotels und Beherbergungsbetriebenn sowie die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels untersagt.

Die Folgen sind für fast alle betroffenen Betriebe existenzbedrohend.

Zwar hat der Freistaat Bayern die Hilfsprogramme „Soforthilfe Corona“ und „Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“ auf den Weg gebracht. Diese werden aber in der Regel nicht ausreichen, um die durch die Betriebsuntersagungen erlittenen Umsatzeinbußen auszugleichen.

Deshalb sollten die betroffenen Betriebe darüber nachdenken, vom Freistaat Bayern eine Entschädigung für die Betriebsuntersagungen zu verlangen.

Entschädigungsansprüche aufgrund eines „enteignenden Eingriffs“

Grundlage solcher Entschädigungsansprüche könnte vorliegend ein sogenannter „enteignender Eingriff“ sein.

Ein „enteigender Eingriff“ liegt vor, wenn das Eigentum (hier der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb) als Nebenfolge eines rechtmäßigen staatlichen Handelns, welches im Allgemeininteresse erfolgt und dem Betroffenen ein Sonderopfer abverlangt, beeinträchtigt wird.

Enteignender Eingriff durch die Betriebsuntersagung

Die Voraussetzungen eines enteignenden Eingriffs dürften bei den durch die Betriebsuntersagungen betroffenen Betrieben in der Regel vorliegen:

Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liegt vor, weil die erlittenen Umsatzeinbußen eine Nebenfolge der verordneten Betriebsuntersagungen sind. Im Übrigen sind sie auch eine Nebenfolge der in § 4 BayIfSMV verordneten vorläufigen Ausgangsbeschränkungen.

Der Erlass der Verordnung wird auf § 32 S. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) gestützt. Für die in § 4 BayIfSMV verordneten vorläufigen Ausgangsbeschränkungen hat der VGH München mit Beschluss vom 09. April 2020 (Az.: 20 NE 20.663) festgestellt, dass dies eine ausreichende Rechtsgrundlage darstellt und die BayIfSMV ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist. Damit sind zumindest die vorläufigen Ausgangsbeschränkungen rechtmäßig. Derzeit ist nicht ersichtlich, dass die Zivilgerichte, die für die Entscheidungen über Entschädigungsansprüche aus einem enteignendem Eingriff zuständig sind, dies anders beurteilen werden.

Die Betriebsuntersagungen erfolgen, um die weitere Ausbreitung der Corona-Virus-Pandemie zu verhindern – und damit im Allgemeininteresse.

Die betroffenen Betriebe erbringen ein Sonderopfer. Denn anders als viele andere Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb durch Homeoffice und andere Maßnahmen zumindest teilweise aufrechterhalten können, sind sie zwingend darauf angewiesen, dass Kunden ihre Betriebsstätten betreten können. Dies gilt für Einzelhändler ebenso wie für Fitnesscenter und Gastronomen.

Denn die Umsatzeinbußen lassen sich – wenn überhaupt – nur teilweise durch andere Maßnahmen kompensieren: So bieten zwar viele Gastronomen ihr Essen mittlerweile „to go“ und manche Fitness-Center Trainingsprogramme online an. Aber viele Einzelhändler haben keine solchen Möglichkeiten – und ein florierender Onlineshop lässt sich nicht innerhalb weniger Tage auf die Beine stellen.

Entschädigungsanspruch des Betroffenen

Folge des enteignenden Eingriffs ist ein Entschädigungsanspruch des Betroffenen. Entschädigt werden die Einbußen, die während der Dauer des Eingriffs – hier des Zeitraums der Betriebsuntersagung – entstehen.

Zu berücksichtigen ist, dass die betroffenen Betriebe eine Schadensminderungspflicht haben. Sie müssen also versuchen, die durch die Betriebsuntersagung eintretenden Umsatzeinbußen zu reduzieren. Daneben sind auch andere Vorteile auf die Entschädigung anzurechnen.

Dies bedeutet, dass das zum Beipiel Gastronomon für den Untersagungszeitraum nur die Differenz zwischen ihren üblichen Einnahmen und den aufgrund des etwaigen neuen to-go-Geschäfts erzielten Einnahmen in Ansatz bringen können. Und selbstverständlich wären auch etwaige aufgrund der oben genannten Hilfsprogramme erhaltenen Beihilfen auf die Entschädigung anzurechnen.

Keine spezialgesetzliche Regelung

Entschädigungsansprüche aufgrund enteignendem Eingriff werden durch spezialgesetzliche Regelungen verdrängt. Da es sich hier um Maßnhamen zur Bekämpfung einer Pandemie handelt, ist vor allem an die Entschädigungsregelungen der §§ 56 und 65 IfSG zu denken.

Beide sind jedoch nicht einschlägig.

§ 56 IfSG wäre anzuwenden, wenn ein Einzelhändler seinen Betrieb schließen müsste, weil er selbst mit dem Corona-Virus infiziert wäre und er deshalb unter häusliche Quarantäne gestellt werden würde. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf die angeordneten Betriebsschließungen dürfte wohl nicht in Frage kommen.

§ 65 IfSG ist anzuwenden, wenn durch eine Maßnahme nach den §§ 16 und 17 IfSG ein nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird. Allerings wurden die Betriebsuntersagungen bzw. die BayIfSMV nicht auf die Verordnungsermächtigung in § 17 IfSG gestützt, sodass auch § 65 IfSG als Anspruchsgrundlage wohl ausscheidet.

So unterstützen wir Sie

Wir prüfen, ob und in welcher Höhe Entschädigungsansprüche in ihrem konkreten Fall denkbar sind, und machen Ihre Ansprüche außergerichtlich beim Freistaat Bayern geltend.

Setzen Sie sich mit uns in Verbindung!

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