Betriebsschließung wegen Corona: Versicherungsfall?

von Joachim Borger | Lieb.Rechtsanwälte

Viele Gastronomen sind gegen Umsatzausfall wegen pandemiebedingter Betriebsschließungen versichert. Die Versicherungswirtschaft wehrt sich gegen Forderungen nach Ausfallentschädigungen  und lässt es in zahlreichen Fällen auf eine gerichtliche Klärung ankommen. Die Erfolgsaussichten sind stark von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängig, wie bisher ergangene Entscheidungen zeigen.

Die Versicherungsbedingungen erweisen sich von Fall zu Fall als recht unterschiedlich. In manchen Fällen ist der Umfang der Versicherung auf eine bestimmte Auswahl von Krankheiten beschränkt, die in den Versicherungsbedingungen abschließend aufgezählt werden. Eine abschließende Aufzählung kann auch darin bestehen, dass auf eine entsprechende Aufzählung im Infektionsschutzgesetz verwiesen wird. Das OLG Dresden entschied in einem solchen Fall, dass dabei nur solche Krankheiten einen Versicherungsfall auslösen können, die in der benannten Vorschrift in ihrer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung benannt sind. Nachträgliche Änderungen dieser Vorschrift führten hingegen zu keiner Änderung des Versicherungsumfanges (OLG Dresden, Urteil vom 08.06.2021 – 4 U 61/21).

Ebenso wies das OLG Schleswig mit Urteil vom 12.05.2021 – 16 U 25/21 eine Klage auf Ausfallentschädigung ab, da Ausfälle wegen COVID-19 nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien. Darüber hinaus sei im dort entschiedenen Fall der Versicherungsschutz auf Betriebsschließungen beschränkt, die sich aus dem versicherten Betrieb heraus entwickeln (Betriebsschließung wegen der Verwirklichung einer sogenannten intrinsischen Gefahr).

Das LG München I gab mit Urteil vom 22.10.2020 – 12 O 5868/20 einer Klage auf Ausfallentschädigung statt. Es kam dabei im Wege der Auslegung der Versicherungsbedingungen zu dem Ergebnis, dass der Versicherungsschutz im entschiedenen Fall nicht auf eine bestimmte Auswahl von Krankheiten begrenzt sei. Etwaigen Zweifeln an diesem Ergebnis hält das LG München I entgegen, dass die einschlägigen Klauseln der AGB-Kontrolle unterliegen und vor diesem Hintergrund transparent und eindeutig sein müssen. Zweifel bei der Auslegung gehen zu Lasten des Verwenders, in solchen Fällen also regelmäßig zu Lasten des Versicherers. Erst recht könne COVID-19 nicht durch AGB vom Versicherungsumfang ausgeschlossen werden, wenn der Versicherungsvertrag erst Anfang März 2020 geschlossen worden ist, als COVID-19 längst in aller Munde war. Diesen Maßgaben entsprechend sprach das LG München I auch in anderen Fällen Ausfallentschädigungen zu.

Eine umfassende Darstellung der bundesweiten Rechtsprechung würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Darüber hinaus wäre dies auch nicht zielführend. Schon die Lektüre einiger weniger Entscheidungen zeigt, dass die Versicherungsbedingungen teilweise sehr unterschiedlich gestaltet sind. Diese Formulierungen entscheiden maßgeblich über den Erfolg einer Klage auf Ausfallentschädigung.

Bei der Beurteilung von Erfolgsaussichten in anderen Fällen ist daher höchste Vorsicht geboten, soweit Rückschlüsse aus ergangenen Entscheidungen gezogen werden sollen. Jeder Fall ist anders.

Natürlich unterstützen wir Sie gerne bei der Ermittlung Ihrer eigenen Erfolgsaussichten.

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