Arzthaftung für Fehler anderer

von Lieb Rechtsanwälte

Wird aufgrund eines ärztlichen Behandlungsfehlers eine weitere Operation erforderlich und kommt es beim zweiten Eingriff zu komplikationen, haften Arzt und Klinik des ersten Eingriffs auch in diesem Fall.

Wie der BGH mit Urteil vom 21.12.2011 - Az.: VI ZR 157/11 entschieden hat, spielt es keine Rolle, ob es sich um übliche Komplikationen handelt, die ihrerseits nicht medizinisch durch den Fehler verursacht sind.

Im vorliegenden Fall ging es um eine Patientin, bei der bei einer Koloskopie ein etwa fünf Zentimeter großer Tumor und ein kleiner gestielter Polyp festgestellt worden war. Für beides war eine operative Entfernung vorgesehen, jedoch wurde anschließend lediglich der Polyp entfernt. Der tiefer gelegene Tumor blieb, weshalb die verärgerte Patientin die Klinik wechselte. Dort wurde bei einem weiteren Eingriff auch der vom Tumor betroffene Darmabschnitt entfernt und ein künstlicher Darmausgang gelegt.

Nach dem Zweiteingriff kam es zu verschiedenen Komplikationen, wie eine Wundheilungsstörung im Bereich der Bauchdecke und eine Anastomoseninsuffizienz an der Darmnaht.

Der BGH entschied, dass der erste Arzt und seine Klinik der Patientin ein Schmerzensgeld von 40.000 Euro sowie 16.440 Euro für eine Haushaltshilfe bezahlen müssen und erteilte dem Argument, dass der Fehler nichts mit den Komplikationsrisiken der Folgeoperation zu tun habe, eine Absage, da rechtlich und tatsächlich ein "Kausalzusammenhang" gegeben sei. Grund: Ohne den groben Fehler bei der ersten Op wäre der Zweiteingriff gar nicht erforderlich gewesen.

Die Tatsache, dass etwa eine Nahtinsuffizienz auch bei einer Tumorentfernung bei der ersten Operation hätte auftreten können, ließ der BGH ebenfalls nicht gelten. Allein die Möglichkeit, dass ohne den Fehler ein vergleichbarer Schaden auftreten kann, reicht nach Ansicht des BGH nicht aus.

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