Anspruch auf Erstattung fiktiver Mängelbeseitigungskosten?

von Lieb Rechtsanwälte

Ein Beitrag von RA Dr. Klaus Lieb, FA für Medizinrecht, FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

 

Sachverhalt

Der Käufer erwirbt eine gebrauchte Eigentumswohnung. Wegen eines in der Vergangenheit aufgetretenen Schimmelschadens verpflichtet sich der Verkäufer, den Schaden zu beheben, sollte dieser erneut auftreten. Im Übrigen wird die Sachmängelhaftung ausgeschlossen.

Alternative:

Der Käufer erwirbt von einem Bauträger eine neu errichtete Eigentumswohnung unter Einschluss der gesetzlichen Gewährleistungshaftung.

In beiden Fällen kommt es nach erfolgter Auflassung zu einem Schimmelschaden. Der Verkäufer lehnt jeweils trotz Fristsetzung die Schadensbeseitigung ab.

An einer Beseitigung des Schadens durch eine Fachfirma ist dem Käufer nicht gelegen. Er will den Schaden in Eigenleistung beheben. Jedoch sollen ihm die Mängelbeseitigungskosten bei Beauftragung einer Fachfirma erstattet werden. Hat er einen Anspruch?

Lösung:

Im ersten Fall bejaht der Bundesgerichtshof, so zuletzt mit Urteil vom 12.03.2021 – V ZR 33/19 – einen kaufvertraglichen Anspruch auf Schadensersatz anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber nicht aufgewendeten Mängelbeseitigung.

Anders verhält es sich in dem zweiten Fall. Das Bau- und Architektenvertragsrecht sieht das Recht auf Selbstvornahme mit einem Vorschussanspruch nach § 637 Abs. 3 BGB vor. Der für Bausachen zuständige 7. Senat beim BGH hat unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung einen Schadensersatzanspruch anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten in seinem Urteil vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 – verneint. Andernfalls entstehe ein Anreiz, die ggf. hohen Mängelbeseitigungskosten zu vereinnahmen und von der Beseitigung abzusehen.

Nach Auffassung des Kaufsenats besteht bei dem Kauf einer gebrauchten Eigentumswohnung die Gefahr einer Überkompensation nicht, da der Käufer mit Mängeln, wie etwa der Feuchtigkeit, typischerweise gerade nicht leben kann. Deshalb sei eine unterschiedliche Behandlung fiktiver Mängelbeseitigungskosten im Kaufrecht und Baurecht gerechtfertigt.

Praxishinweis

Es ist zu bedauern, dass der Kaufsenat die geänderte Rechtsprechung des Bausenats auf den Kauf gebrauchter Immobilien nicht übertragen hat, zumal das Kaufrecht keinen Vorschussanspruch kennt. Im Lichte der unterschiedlichen Rechtsprechung der Senate kommt der Abgrenzung eines Bauwerks als Kauf- oder Werkvertragssache weitere Bedeutung hinzu.

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